Sollten Vertrieb und Marketing näher zusammenrücken? Benötige ich noch einen Business Development Manager neben meinem Sales Team? Und ab wann benötige ich eine Product Management Abteilung? In diesem Beitrag möchte ich ein paar Denkanstöße geben, warum diese Funktionsbezeichnungen lediglich Mittel zum Zweck sind und was für Ihren unternehmerischen Erfolg tatsächlich entscheidend ist.

Wann Sie Ihre Struktur überdenken sollten

Viele Unternehmen gelangen irgendwann an den Punkt, an dem sie ihre Organisation zur Realisierung von Wachstumschancen überdenken. Hierbei erlebe ich im Wesentlichen zwei Ausgangssituationen. Ein Szenario ist ein starker Wachstumsmarkt. In der Vergangenheit war es vielleicht der Gründer oder Geschäftsführer, der sich darum gekümmert hat, dass potentielle Kunden das eigene Angebot besser wahrnehmen, als das der Konkurrenz. Aufgrund der großen Nachfrage ist das Unternehmen auch im operativen Bereich stark gewachsen. Dieses Momentum aufrecht zu erhalten und noch weiter zu wachsen, ist dann irgendwann durch nur eine Person oder ein verhältnismäßig kleines Team nicht mehr umsetzbar.

Die zweite Ausgangssituation resultiert aus dem genauen Gegenteil. Der Markt wird schwächer oder der Wettbewerb wird stärker. Auftragseingänge stagnieren oder sind rückläufig. Möglicherweise sind die operativen Ressourcen kaum wirtschaftlich genutzt. Im schlimmsten Fall legen Sie schon drauf.

Beide Situationen führen zu organisatorischen Veränderungen. Im ersten Szenario steigt die Anzahl der zu erledigenden Aufgaben aufgrund des Wachstums. Die Aufgaben müssen neu verteilt werden. In dem zweiten Szenario könnte notwendig sein, dass sich eine oder mehrere Personen intensiv mit dem aktuellen Marketingmix beschäftigen – Im klassischen Ansatz besteht dieser  aus Produkt, Preis, Kommunikation und Distribution. So unterschiedlich diese Veränderungen auch sein mögen, sie führen beide irgendwann zu einer entscheidenden Frage: Sind die richtigen Personen in angemessener Anzahl vorhanden, um den Herausforderungen zu begegnen und das Unternehmen in die richtige Richtung zu entwickeln?

Warum viele Funktionsbezeichnungen so irreführend sind

Ihr Unternehmen und Sie als Unternehmer arbeiten auf ein Ziel hin. Ihre Strategie beschreibt dieses Ziel. Ihre Organisation und alle damit verbundenen Teile (Menschen, Prozesse, Tools etc.) sind der Antrieb – sozusagen der Motor, das Getriebe – um zu diesem Ziel zu gelangen. Jedes Teil des Systems erfüllt bestimmte Funktionen und das Zusammenwirken aller Teile ist entscheidend. Bei der Besetzung einer Stelle oder dem Auf- oder Ausbau einer Abteilung gilt dies ebenfalls. Vergessen Sie dabei nicht, dass Ihr Unternehmen ein einzigartiges System ist. Es ist eine unternehmerische Kernaufgabe, das Zusammenspiel der Funktionen zu definieren, damit das System seinen Zweck erfüllt.

Das unternehmerische Umfeld ist heute komplexer denn je. Dazu kommt, dass Veränderungen und neue technische Möglichkeiten allgegenwärtig sind. Diese beiden Faktoren verstärken die Individualisierung von Unternehmen und ihrer Geschäftsmodelle nochmals. Es gibt also keine Zauberformel für erfolgreiches Unternehmertum. Jede Organisation muss für sich definieren, wie sie den Zielmarkt bestmöglich bedienen kann. Das betrifft neben dem individuellen Marketing Mix, der Struktur und der Prozesse innerhalb der Organisation auch die Menschen, die in dieser Organisation beschäftigt sind. Dabei müssen die fachlichen Qualifikationen ebenso mit den Anforderungen abgeglichen werden, wie der Charakter und die Motivation Ihrer Mitarbeitenden, zu dem Wesen Ihres Unternehmens passen muss.

Funktionsbezeichnungen, die uns häufig begegnen, erwecken den Eindruck dass sie zum festen Sprachgebrauch gehören. Sie werden wie selbstverständlich verwendet als ob jeder etwas damit anzufangen weiß. Dies widerspricht jedoch der Tatsache der Einzigartigkeit Ihrer Organisation. Besonders im Managementbereich gibt es häufig keine klare oder gleich mehrere Definitionen der gleichen Funktion. Für eine abstrakte Darstellung von Wertschöpfung und Management mag das ausreichen. Der Komplexität und Individualität Ihres Unternehmens wird das allerdings kaum gerecht.

Was Ihre Organisation wirklich braucht

Das hängt im Wesentlichen von Ihrer Ausgangssituation, Ihren unternehmerischen Zielen bzw. Ihrer Strategie und der angestrebten Unternehmenskultur ab. Lassen Sie sich aber in keinem Fall von vermeidlich existierenden Definitionen in die Irre führen. Welche Person sie für welche Rolle benötigen ist stets unternehmensspezifisch und Teil Ihrer individuellen Organisationsstruktur. Die Erste Frage, die Sie stellen, sollte also nicht sein „Brauche ich einen Vertriebsmitarbeiter, eine Business Development Managerin oder einen Marketing Manager?“. Sie sollten vielmehr genau beschreiben, welche Aufgaben erledigt werden müssen und welcher Charakter benötigt wird, um ihre unternehmerischen Ziele zu erreichen.

Beschreiben Sie die Tätigkeitsschwerpunkte anhand konkreter Aufgaben aus dem Kontext Ihrer Organisation. Gehen Sie auch darauf ein, ob Sie eher extrovertierte Kommunikatoren, kreative Denker oder systematische Analytiker an dieser Stelle sehen und welches Mindset Sie erwarten. Denn all das sind wichtige Details, die sich nicht selbstverständlich aus Bezeichnungen wie „Sales Manager/in“, „Senior Business Development Manager/in“ oder „Mitarbeiter/in im Vertrieb“ ergeben.

Überlegen Sie erst anschließend, wie Sie die Stelle oder Abteilung bezeichnen möchten. Hierzu einige meiner persönlichen Erfahrungen:

Viele Stellenbezeichnungen sind zweiteilig. Der erste Teil der Bezeichnung sollte einen Schwerpunkt im Handeln und dem erforderlichen Wissen erkennen lassen. Geht es um eine Schwerpunkttätigkeit wie Marktkommunikation, um die Gestaltung der Produkte oder den Vertrieb von Leistungen? Bezeichnungen wie „Marketing“ oder „Business Development“ sind nicht spezifisch, sondern interdisziplinär. Das kann dann sinnvoll sein, wenn es sich tatsächlich um eine solche Tätigkeit handelt. Wenn Sie aber auf einen Schwerpunkt Wert legen, machen Sie dies schon im Titel deutlich.

Der zweite Teil des Titels trägt oft die Bezeichnung „Manager/in“, „Mitarbeiter/in“, „Associate“ oder ähnliches. Dies kann meiner Erfahrung nach gut genutzt werden, um den Erfahrungsgrad und die Entscheidungsbefugnisse zu unterscheiden, sofern dies in Ihrem Unternehmen sinnvoll erscheint.

Sollten Sie im Laufe des Bewerbungsprozesses feststellen, dass die Profile der Bewerber nicht auf das von Ihnen angedachte Profil passen, scheuen Sie sich nicht davor, noch einmal Anpassungen vorzunehmen. Andernfalls vergeuden Sie möglicherweise viel wertvolle Zeit – Ihre eigene, möglicherweise die Ihres Teams und die der Bewerberinnen, bzw. Bewerber.

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Published On: 15. November 2022 / Categories: Organisation, Unternehmensstruktur /